Samstag, 8. April 2006

Das kurze Leben eines Osterstrauchs

zwei Tage ist es nun her, da war ich bei meiner Mutter. Im Garten auf der Feuerstelle stapelte sich ein Berg - nein, eigentlich schon ein ausgewachsener Turm - von Zweigen aller Arten. Frische Zweige, alte Zweige, bemooste Zweige und Zweige voller Flechten, dornige Zweige und auch Zweige mit frisch geschlüpften Palmkätzchen verflochten sich zu einem recht stabilen Kunstwerk. Und genau die mit den Palmkätzchen sind mir gleich ins Auge gefallen. Abgesehen von der Erinnerung an den Tag vor vielen vielen Jahren, als mein Bruder sich so ein Ding soweit in die Nase gesteckt hatte, daß wir den Arzt holen mußten, kam mir gleich die Idee, daß das ja ein wunderschöner Osterstrauch wäre. Also rupfte ich sie aus dem Turm heraus und packte sie ins Auto. Zuhause trug ich sie sorgfältig hinauf, darauf achtend, auch nichts abzubrechen. Dann holte ich meine große bauchige Vase herunter, schnitt mit meiner Gartenschere die Zweige sorgfältig zurecht und drapierte alles sorgfältig in der Vase. Mein Sohn durfte dann mit einer kleinen gelben Gießkanne die Vase mit Wasser füllen. Am Ende war sie bis zum Rand oben voll, und ich trug sie mit ein paar Schwappern auf den Boden zum Waschbecken, um den Wasserpegel etwas zu senken. Anschließend sah sie auf der Fensterbank richtig schön aus, und noch schöner würde sie sein wenn die ersten zarten Blättchen hervorsprießen, hoffentlich pünktlich zu Ostern!

Ein paar Stunden stand der Strauch tatsächlich da und verschönerte das Eßzimmer. Stunden, in denen ich mir ausmalte, wie ich noch mit den Kindern ausgeblasene Eier färben und dann hinhängen würde. Nun, das male ich mir immer noch aus, aber aufhängen werden wir sie wohl woanders. Wo, das weiß ich noch nicht genau. Denn der Strauch verschönerte nicht nur, er war auch sehr anziehend für zwei zweieinvierteljährige Kinder. Bald schon saßen sie auf einem Stuhl vor dem Strauch, streichelten die weichen Palmkätzchen und rupften hier und da eins ab. Die störenden Zweige schoben sie zur Seite. Irgendwann gingen sie dabei wohl zu heftig vor, oder waren zu neugierig was in der Vase war, jedenfalls hörte ich vom Nebenzimmer aus plötzlich ein sehr lautes Platschen und erschrockene Rufe. Ich stürzte hin, gerade noch rechtzeitig, um die gläserne Vase vor einem frühzeitigen Tod zu retten, und dabei nasse Socken zu kriegen. die Zweige legte ich in Ermangelung eines besseren Platzes zur Seite auf den Boden, fischte das selbstgebastelte Armband meines Sohnes aus der Vase und brachte sie außer Reichweite ganz oben auf dem Schrank unter - noch einmal aufstellen hatte keinen Sinn, sonst wäre dasselbe noch einige male mehr passiert - und ging mit den beiden tropfenden Unglücksraben ins Wohnzimmer, um sie umzuziehen.
Dann schnappte ich mir ein riesengroßes Handtuch und einen Eimer und verwandelte das neue ausgewachsene Schwimmbad wieder in unser Eßzimmer.
Eine Tätigkeit löste die andere ab, unzählige kleinere und größere Überschwemmungen, hungrige Kinder, Tröstereien und Putzereien später haben die Zweige immer noch keinen besseren Platz gefunden und sind nun von unachtsamen Kinderfüßen etwas zertreten. Morgen muß ich mal versuchen, die letzten verbliebenen noch einigermaßen schönen Zweiglein zu einem kleinen Ministrauch zurechtzuschnippeln, vielleicht dürfen wir den dann wenigstens behalten.

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