Im Zwergenwald

Sonntag, 19. März 2006

Die angebissenen Äpfel

Unser Zwergenkind Turin freute sich gestern, daß endlich wieder die Sonne schien. Es liegt zwar immer noch Schnee, aber das ewige Grau ist strahlendem Blau gewichen, und so hielt ihn nichts mehr drinnen. Er war den ganzen Tag draußen unterwegs, stiefelte durch den matschigen Schnee, und genoß das herrliche Jubilieren der Vögel. Als er müde war und nach Hause kam, hatte er großen Hunger. Er wollte sich einen der wenigen übriggebliebenen Äpfel aus der Vorratskammer holen, aber ohweh! Kein einziger war noch ganz! So sahen die kläglichen Überreste aus:

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Turin war tief enttäuscht. Wer konnte das nur gewesen sein? Er beschloß, sich auf die Lauer zu legen und den Übeltäter zu fangen.
Seine Mutter reichte ihm ein kleines Päckchen.
"Hier," sagte sie, "damit du in der Nacht keinen Hunger bekommst!"
Turin setzte sich in der Speisekammer ins Eck und wartete. Langsam wurde es dunkel, und mit der Dämmerung schlichen Schatten in die Speisekammer. Als einer der Schatten Turins Fuß berührte, zog er ihn zu sich zurück. Sollte er nicht doch die Decke von der Laterne nehmen, die er neben sich stehen hatte? Aber nein, er wollte ja die Räuber nicht warnen!
Plötzlich fielen ihm all die kleinen Geräusche auf, die man sonst nicht so wahrnimmt. Draußen tropfte das Schmelzwasser vom Dach, nebenan knarrten die Dielen, als sich seine Eltern ins Bett legten, und der Wind pfiff ums Haus. Es gab aber auch andere Geräusche, die Turin nicht einordnen konnte. Ein Knistern , ein feines Rascheln, und ein unregelmäßiges Klopfen gegen die Wände ließen ihn seine Augen weit aufsperren.
Aber nichts geschah.
Schließlich mußte er doch eingeschlafen sein, denn er schoß erschrocken in die Höhe, als plötzlich ein Rascheln und Trippeln zu hören war. Tatsächlich, da kam ja der mitternächtliche Dieb! Turin erstarrte, blinzelte, versuchte im Dunkeln zu sehen. Er hatte zwar die Laterne, aber wer weiß was der Räuber in der Zeit mit ihm anstellen würde, während er die Decke hob!
Es raschelte, dann hörte er schabende Geräusche.
"Ich muß es wissen!" dachte Turin. "Ich muß das Licht anmachen und sehen wer das ist!" Er schluckte, dann riß er mit einem Ruck die Decke hoch und erhaschte gerade noch einen raschen Blick auf eine kleine Maus, die davonflitzte, so schnell sie konnte.
Erleichtert konnte sich nun auch Turin ins Bett legen. Aber vorher legte er der Maus einen der angebissenen Äpfel auf den Boden.
"Hier, du hast wohl Hunger! Ist ja auch kein Wunder, bei so einem langen Winter..."

Sonntag, 5. März 2006

Die Weißen Berge

Als unser Zwergenkind (von unserer Begegnung im Wald gestern) heute vor die Türe treten wollte, um zu schauen ob endlich die Sonne scheint, wurde es von einer regelrechten Lawine überrollt. Haufenweise Schnee stürzte durch die Tür in die kleine Hütte, mitten auf den ockergelben Teppich, auf dem nun das verdutzte Zwergenkind saß. Es schüttelte seinen Kopf, um den Schnee loszuwerden, stand auf und begann, sich ein Loch durchzugraben. Endlich war es draußen! Aber oh weh, die erhoffte Sonne war immer noch weit und breit nicht zu sehen! Stattdessen fielen immer noch dicke Schneeflocken vom Himmel. Eines legte sich auf Turins - so hieß das Zwergenkind - Nase und schmolz. Der Tropfen Schmelzwasser lief ihm in den Nacken.
"Hui, das kitzelt" rief er da übermütig, und tollte im Schnee herum. Als er sich über und über mit Schnee bestäubt hatte, holte er seinen Schlitten heraus. Es war ein einfaches Stück Baumrinde, so lange zurechtgeschliffen, bis sie eine glatte rutschige Fläche hatte, aber der man wunderbar die sanften Schneehügel und die steilen und wilden Schneeberge hinabsausen konnte. Und das machte er dann auch den ganzen Vormittag lang. Dann hörte es endlich auf zu schneien. Turin war erschöpft und ruhte sich in der Hütte bei einer Tasse heißer Schokolade auf. Nachmittags grub er sich im 40cm tiefen Schnee Höhlen und Gänge, und spielte daß er sich vor den Drachen versteckte, die am trübgrauen Himmel herumflogen und die Wolken mit ihren Schwingen durcheinanderwirbelten.
Aber sosehr ihm das Spaß machte, abends wollte er dann doch wissen: "Mami, wann sehen wir denn die Sonne wieder?"
"Dann, wenn es an der Zeit ist," antwortete seine Mutter. "Und bis dahin mach das beste daraus, spiel die besten Spiele im Schnee, und genieße jede Minute."

Samstag, 4. März 2006

Watteweich im Schnee verpackt

Wald im winter
wartet die Welt auf die wärmenden Sonnenstrahlen, die der März verspricht. Und wundert sich, wo sie bleiben, denn statt Sonnenstrahlen liegt sie noch in der Dunkelheit einer dichten Schneedecke. Die Schneeglöckchen sind schon alle in den Startlöchern, warten nur auf ein bißchen Licht, die Tulpen schlafen noch tief und fest. Grau in grau ist die Welt, die Wolken ertasten die Spitzen der weißen Bäume, und sanft fallende Flocken dämpfen jeden Laut. Die unberührte Schneedecke liegt seidig über Wiesen und Feldern und nimmt der Welt die Konturen. Der Wald ist wie ein Märchenwald, jeder Ast, jeder Zweig ist unten dunkel, oben weiß. Jeder Fichtenzweig trägt eine weiße Mütze, und der Boden wirkt geheimnisvoll mit seinen Buckeln und Senken. Vielleicht wohnt da irgendwo ein kleiner Zwerg, oder ein Kobold, wer weiß? Und wenn der Frühling kommt, dann hauchen die Elfen warm über den Boden und wecken die ersten Blumen, und die Bäume schütteln sich und werfen ihre weiße Last ab. Dann kommen die Zwerge heraus und räumen ihre Dächer ab, und die Kobolde führen einen jauchzenden Freudentanz auf, der die Knospen an den Bäumen hervorlockt und aufbrechen läßt. Und wenn dann das viele Weiß vom Grün abgelöst wurde, und bunte Blumen zwischendrin blühen, gibt es ein großes Frühlingsfest.
Aber noch ist alles weiß und grau, grau und weiß. Ein endloser Vorhang fällt langsam zur Erde, rundet die scharfen Konturen ab, legt sich schwer auf Äste und Zweige, schmiegt sich eng an den Boden. Alles ist still. Die Welt schläft tief und fest. Atemlos harren die Eichhörnchen in ihren Höhlen, schweigend durchquert ein Reh den Wald. Neugierig steckt ein Zwergenkind seine Nase aus dem Häuschen und fragt sich: "Wann kommt er denn, der Frühling?"

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Die Schönheit der Kleinigkeiten

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Christopher Paolini, Joannis Stefanidis
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